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The Aethra Chronicles -   Volume One "Celystra's            Bane" Review

(Diese Review gibt es auch als eine von mir gesprochene Rezension auf Youtube, siehe unten)

Schmuckloser Start ins Abenteuer: Das Hauptmenü von The Aethra Chronicles lässt es langsam angehen

Das Königreich Celystra steht Kopf, als ausgerechnet zwei Tage nach der Krönung des neuen Regenten König Lytharte der neugeborene Prinz aus den Gemächern des Schlosses entführt wird, den Gemächern, die der Vater des Protagonisten als Knight Paladin geschworen hat, zu beschützen. Als nach intensiver Suche der Prinz weiterhin verschwunden bleibt, entlässt der König alle seine Ratgeber, der Knight Paladin wird jedoch ins Gefängnis geworfen, bis der Prinz gefunden wird. So nimmt sich der Sohn oder die Tochter des Inhaftierten zusammen mit zwei Freunden der Aufgabe an, den Prinzen zu finden, um den Vater zu befreien.

Wenn das mal kein guter Obermotz wäre: Der Dämonenboss stellt sich im Intro vor

Ihre Suche beginnt in der Königsstadt Stormhaven, wo der Großwesir des Königs die Gruppe zu einem geheimen Treffen einlädt. Bei dem Treffen eröffnet ihnen der Großwesir, dass er nicht an die Schuld an der Entführung des Prinzen durch den Knight Paladin glaubt. Tatsächlich hat der Knight Paladin kurz vor der Entführung ihm von Gerüchte über einem mysteriösen Kult erzählt, welcher das Königreich stürzen will. Da der König ihm verboten hat, eigene Nachforschungen zu dem Kult zu machen, sendet der Großwesir die Gruppe zu dem Händler Harmon, welcher angeblich im Besitz von Informationen zu einem Buch namens „Prophezeiungen des Untergangs“ haben soll, indem sich Informationen über den Kult zu finden wären. Und so begibt sich die Party auf die Suche nach dem Kult, um die Wahrheit über die Entführung des Prinzen zu finden.

Die Welt retten mit einem Buch: Der Großwesir schickt die Party auf Lesestoffsuche

The Aethra Chronicles ist ein Shareware Rollenspiel, welches 1994 von Michael W. Lawrence entwickelt wurde. Geplant war ursprünglich eine Trilogie, wobei die anderen Teile wie bei Sharewarespielen üblich, nach dem Kauf freigeschaltet werden sollten, allerdings wurde leider nur der erste Teil, „Celystra’s Bane“, veröffentlicht. Trotz allem wurde ein sehr umfangreiches Rollenspiel auf die Beine gestellt, welches sich vor der professionellen Triple A Konkurrenz nicht verstecken musste.

Erst einmal eine Nacht 'rüber schlafen: Helden brauchen auch mal Pause

Das Spiel beginnt mit der Qual der Wahl der richtigen Rasse und Klasse für die Gefährten. Zur Rassenauswahl stehen Fantasy typische Völker wie Menschen, Zwerge, Elfen, Halb-Elfen und Hobbits zur Verfügung, welche verschiedene Boni auf die Charakterwerte Stärke, Agilität, Ausdauer, Intelligenz, Weisheit, Präsenz, Erinnerungsvermögen und Vernunft haben. Diese Charakterwerte reichen von 1-100, wobei allerdings z.b. ein Hobbit und ein Zwerg mit einer Stärke von 100 nicht etwa gleich stark sind, da der Zwerg ein Bonus auf Stärke hat und somit eine höhere Gesamtstärke hat. Neben den Berufsklassikern Kämpfer, Dieb, Paladin, Barde, Kleriker, Zauberer und Waldläufer stehen noch so ungewöhnlichen Klassen wie der Ashikari, welcher am ehestem mit einem magisch gebildeten Samurai zu vergleichen ist oder ein Gauner, der eine Mischung aus Kämpfer und Dieb ist, zur Auswahl.

Immer einen Heiltrank parat: Serim ist mal wieder die Krankenschwester

Eine Sonderrolle kommt hier den Zauberern von Celystra zu, welche sich in die Zauberschulen des Hexers, Elementalisten, Beschwörers und Mentalisten gliedern. Der Hexer ist ein Zauberer des dunklen Weges, er verwendet Flüche, welche die Gegner schwächen oder gar vor Angst fliehen lässt und kann mit finsterer Magie sogar schwere, verschlossene Türen aufbrechen. Der Elementalist wiederrum verwendet die vier Elemente, um damit etwa Felsbrocken zu beschwören, welche er dann auf seine Feinde schleudern kann oder er schützt die Party magisch vor extremer Hitze oder Kälte. Der Beschwörer ruft Insektenschwärme und später sogar Golems zu Hilfe und kann der Party beim Überqueren von Flüssen behilflich sein, indem er eine magische Brücke herbeizaubert. Schlussendlich ist der Mentalist ein Meister des Geistes, seine Macht lässt die Gegner erblinden oder sogar ins Koma fallen, während er die Party vor solchen Effekten beschützen kann. Dazu kommen noch drei weitere Zauberbücher: das Buch der universalen Magie, das Buch der Transformation und das Buch der Zeit. Jeder der genannten Zauberer startet mit dem Buch seiner Klasse und dem Buch der universalen Magie, welche allgemeine Zauber wie Lichtzauber, magische Geschosse oder das Verzaubern von Waffen beinhaltet. Das Buch der Transformation hingegen beinhaltet Zauber wie das Verstärken der Rüstung von Partymitgliedern, indem ihnen für eine kurze Zeit der Schuppenpanzer eines Drachens wächst oder später sogar die komplette Transformation in eine Dämonengestalt ermöglicht, welche ihnen für eine bestimmte Zeit übermenschliche Kräfte verleiht. Das Buch der Zeit enthält Zauber, welche die Zeit selber manipulieren kann: So kann der Zauberer einem Partymitglied für eine bestimmte Zeit beschleunigen und somit mehr Angriffe pro Runde im Kampf verleihen oder Gegner in Stase gefangen halten. Alle Zauberer Klassen haben beim Stufenaufstieg die Chance, alle noch nicht gelernten Zauberbücher zu lernen, dabei können sie auch die spezialisierten Zauberbücher der anderen Zauberer Klassen erhalten. Allerdings kosten die Zauberbücher der jeweils anderen Zauberer Klasse mehr Zauberpunkte beim Wirken, so dass eine Spezialisierung zum Start sinnvoll ist.

Magie mit Mutter Natur's Segen: Unser Söldner Tearisus magische Sprüche im Überblick

Der Kleriker hat ebenfalls mehrere Zauberbücher zur Auswahl: So beinhaltet das Buch der Anrufung Zauber für die Vertreibung und Zerstörung von übernatürlichen Gegnern wie Untote oder Dämonen, während das Buch des Glaubens Zauber zum Heilen der Party beinhaltet. Das Buch der Vergeltung hingegen ist für die Stärkung der Party und für die göttliche Bestrafung von Feinden zuständig. Der Paladin bekommt das Buch des Schwertes der Rechtschaffenheit, welches Stärkungs-Schutz oder auch Heilzauber wie Himmlischer Schutz oder Handauflegen beinhalten. Der Waldläufer benutzt das Buch der Naturmagie, mit dem er Zauber wirken kann, welche z.b. die Party beim Reisen durch Wälder vor Feinden im Hinterhalt beschützt oder einen Eichenhaut Zauber, der seine Rüstungsklasse erhöht. Später kann er sich selbst sogar in einem Wolf oder in einem Bären verwandeln, und erhält damit im Kampf die Schnelligkeit bzw. die Stärke der gewählten Tierform. Als wandernder Liedermacher verwendet der Barde das Buch des Minnesängers, das magische Lieder enthält, welche die Party einen Offensivbonus im Kampf beschert oder Feinde magisch verstummen lässt, damit sie keine Magie mehr wirken können. Die Magie des Ashikari umfasst die eigene Stärkung des Kämpfers, indem er verschiedene Aspekte von wilden Tieren wie Tiger, Bulle oder sogar Drachen annehmen lässt, dadurch erhält er einen Attributs Bonus passend zum Tier. Dazu kommen noch fernöstliche Zauber wie der mystische Bolzen, welcher, angetrieben durch die innere Kraft des Ashikari, einen Strahl aus reiner Energie auf die Gegner feuert. 

Die Qual der Wahl beim Stufenanstieg: Der Söldner Yavva beim Ausbilder

Das komplexe Charaktersystem beinhaltet auch viele verschiedene Fähigkeiten wie z.b. Nah- und Fernkampf, Schlösserknacken, Fallenfinden, Wahrnehmung, Feilschen oder Bergsteigen, wobei wieder jede Rasse und Klasse einen Bonus auf diese Fähigkeiten erhält. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Fähigkeitspunkte wird durch die Vernunft jedes Charakters ermittelt. Beim Erstellen des Charakters und später beim Stufenaufstieg müssen dann Punkte auf diese Fähigkeiten verteilt werden, wobei nicht jede Klasse alle Fähigkeiten gleichstark oder überhaupt trainieren kann. So kann z.b. der Paladin seine Nahkampffähigkeit bei jedem Stufenanstieg mit dem Maximum von drei Steigerungen trainieren, während er das Fallenfinden nur mit maximal einen Punkt trainieren kann. Alle Fähigkeiten sind auch direkt mit den Attributen verbunden, also erhalten sehr kluge Zauberer einen Bonus auf ihre Zauberpunkte, während sehr agile Diebe besser Schlösserknacken können.

Welcher Mordwerkzeug darf es sein? Darkhan braucht einen neuen Prügel

Zur Beginn besteht die Gruppe nur aus den drei vorher erstellen Charakteren, allerdings lässt sich die Partygröße auf sechs Mitglieder erhöhen. Diese zusätzlichen Partymitglieder können bei den verschiedenen Gilden angeheuert werden, natürlich nur gegen einen wöchentlich zu zahlenden Obolus, es gibt aber auch kostenlose Partymitglieder, welche man aber erst durch z.b. eine Quest erhalten kann. 

Hire or Fire: Im Jobcenter von Celystra

Die Gruppe bewegt sich rundenbasiert, dargestellt durch eine Figur, durch die Städte, Oberwelt und den Verliesen, wobei bei jedem Schritt unterschiedlich viel Zeit vergeht. So kann die Party ohne groß an dem Söldnerzahltag zu denken in kurzer Zeit in den Städten und Verliesen von einem Ort zum anderen kommen, während auf der Weltkarte die Reise zwischen den Städten viel mehr Zeit verschlingt, erst recht, wenn die Party durch unwegsames Gelände wie Wälder oder Hügel reist. Leider ist die Darstellung der Welt, der Häuser und der Figuren sehr klein geraten, man hat den Eindruck, man betrachtet das Geschehen aus großer Höhe. In den Städten befinden sich allerlei Geschäfte, in denen die Party sich mit Waffen, Rüstungen, vielerlei Ausrüstungsgegenständen wie Fackeln oder Schlossknackwerkzeug oder auch magischen Zauberspruchrollen und verzauberten Ringen ausstatten kann. In den verschiedenen Häusern befinden sich auch NPC’s, welche der Party entweder bei ihrer Hauptaufgabe helfen oder ihnen Nebenqueste geben können. So erhält z.b. die Party den dringenden Hilferuf von dem örtlichen Tempel, einen ihrer Priester in den Krypten unterhalb der Stadt zu finden oder die örtliche Kämpfergilde bietet ein Kopfgeld für einen Banditenanführer an, welches die Party durch die Übergabe des Kopfes des Anführers einheimsen kann. Diese Nebenaufgaben bringen die Party sogar in Schauplätze, welche eigentlich nicht für die Hauptquest benötigt werden, so entsteht wirklich das Bild einer frei erkundbaren Welt, in der die Gruppe auch abseits gelegene Pfade einschlagen kann. Das Spiel besitzt einen Soundtrack, der sich auch je nach Situation verändert, leider sind die Musikstücke recht kurz geraten, so dass das gleiche Musikstück immer und immer wieder wiederholt wird. Die Soundeffekte gehen in Ordnung, es lassen sich die verschiedenen Angriffsarten und die daraus resultierenden Treffergeräusche gut heraushören.

Riesenparty in Kleinstadt: Unsere Party unterwegs in urbaner Umgebung

Kommt es in den Verliesen oder auf der Oberweltkarte zum Kampf, schaltet das Spiel ähnlich wie z.b. bei Pool of Radiance in eine Umgebung um, die in etwa des eben noch bereistem Gebiets entspricht. Zu Beginn werden kurz die Feinde, auf der die Party treffen wird, mit einem schönen Charakterbildchen nebst zugehöriger Figur gezeigt. Dann beginnt der rundenweise ausgetragene Kampf, in der jede Figur sich bewegen, kämpfen, Gegenstände benutzen, zaubern oder gar Gegner identifizieren kann. Die Anzahl der Angriffe mit Nah- und Fernkampfwaffe richten sich nach der Klasse und der Stufe des jeweiligen Charakters. So kann der Zwergen Kämpfer auf Stufe 4 zwei Angriffe pro Runde mit seiner Axt ausführen, während der Hexer mit seinem Stöckchen nur einen Angriff zur Verfügung hat. Das Resultat aller Angriffe wird schön vom Spiel kommentiert, wenn es z.b. spöttisch nach drei danebengeschossenen Pfeilen von einem lästigen Windzug für das Ziel spricht oder der Paladin mit zwei besonders erfolgreichen Angriffen den Gegner fast enthauptet hätte. Leider erhält die Party am Ende für den Sieg keine Beute in Form von Gold oder Ausrüstung, lediglich Erfahrungspunkte erhält die Party für das Vernichten ihrer Feinde.

Gebt uns Geld und Leben! Überfall von Strauchdieben auf der Oberwelt

In den Verliesen befinden sich auch allerlei Fallen und Geheimtüren, hier ist die Wahrnehmungsfähigkeit der ersten drei Charaktere in der Party von Bedeutung, denn sie zeigt ihnen, je nach Höhe der Fähigkeit, automatisch die geheimen Pfade und Fallen im Verlies. Es lässt sich aber auch der jeweilige Abschnitt im Verlies manuell untersuchen, die Party enthält dadurch einen Bonus auf ihre Wahrnehmung, so dass sich auch zum Beginn des Abenteuers so besser Fallen und Geheimtüren finden lassen. Ausrüstung erhält die Gruppe nur durch Öffnen von Behältnissen wie Truhen, Kisten oder auch Urnen, welche allerdings auch Fallen enthalten oder verschlossen sein können.

Blut ist der Anfang: Darkhan testet sein neues Mordspielzeug

Mein Fazit:

The Aethra Chronicles: Volume One- Celystra’s Bane ist ein wahnsinnig komplexes und unterhaltsames Rollenspiel, erst recht, wenn man bedenkt, dass es eben nicht von einem großen Studio erstellt wurde. Die schiere Anzahl an Klassen, Zauber, Fähigkeiten und Gegenständen nebst frei erkundbarer Welt inklusive Nebenbereiche und Nebenaufgaben braucht sich hier sicherlich nicht vor z.b. einem Wizardry zu verstecken, hier wurde echt etwas Großes geleistet. Schade nur, dass es nur ein Kapitel davon gibt. Die Grafik mag etwas kleinskaliert sein und der sich schnell wiederholende Soundtrack ist auch nicht unbedingt ein Atmosphärengarant, dafür machen aber eine abwechslungsreiche und interessante Geschichte nebst komplexen Charakterdesign und vielen Entdeckunsmöglichkeiten The Aethra Chronicles zu einem echten Geheimtip.

Narr von einem Zauberer! Alethas sorgt für Aufregung im Heldendasein
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© Mathias Haaf