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  The Bard´s Tale II: The    Destiny Knight Review

Der Startbildschirm

Es war im Jahr der deutschen Wiedervereinigung, als ich zehnjährig das erste Mal mit einem für mich neuen, fremdartigen Genre namens Rollenspiel in Verbindung trat. Bis zu diesen Augenblick kannte ich nur die virtuellen Welten eines Super Mario Bros. auf meinem NES, eines Kick Starts auf dem C 16 meiner Eltern und eines Barbarian auf dem C 64 meines Bruders, von einem Genre namens Rollenspiel hatte ich weder was von gehört noch gesehen. Bei einem Besuch bei meiner Cousine zeigte sie mir auf ihren neuen 286er IBM PC ein Spiel namens The Bard´s Tale II The Destiny Knight. Ich wusste erst nicht so recht, was ich damit anfangen sollte: Warum gibt es verschiedene Figuren, mit denen man spielt, warum muss ich überhaupt diese ganzen Zahlen vergleichen, weshalb gibt es so unterschiedliche Klassen und warum zum Teufel muss ich schrittweise die Welt in einem kleinen Fenster erforschen? Recht verwirrt über die seltsame Steuerung der Party(?) mit der Maus und der Tastatur (wo ist mein Joypad, wo ist mein Joystick???), begann ich langsam die ersten Schritte in diese neue Welt zu machen. Anfangs noch eher verwirrt anstatt unterhalten, merkte ich doch bei jedem neuen Besuch, dass mich dieses neue Spielgenre mehr und mehr faszinierte.



Der Treffpunkt aller Abenteurer: Die Adventure Guild

Nach dem Sieg über den bösen Zauberer Mangar the Dark , kehrten die Helden aus der nun von Eis befreiten Stadt Skara Brae zurück in die Ländereien des Königreiches. Dort erhält die Heldentruppe einen Brief des Zauberers Saradon, welcher von ihren Sieg über Mangar gehört hatte. In dem Brief berichtet Saradon den Helden, dass der böse Erzmagier Lagoth Zanta aus dem benachbarten Königreich Lestradae die Destiny Wand, einen magischen Stab, welcher 700 Jahre lang den Frieden im Königreich sicherte, mithilfe von gesetzlosen Söldnern gestohlen hat und jetzt das Königreich tyrannisiert. Die Destiny Wand wurde in sieben Bruchstücke zerbrochen, welche Lagoth Zanta in sieben Monster- Rätsel- und Fallenverseuchte Verliese im Königreich versteckte. Die Heldentruppe muss die Dungeons innerhalb und außerhalb der sechs Städte Colosse, Corinth, Ephesus, Philippi, Tangramayne, und Thessalonica finden, allerdings müssen sie dazu aber erst die Verliese mithilfe von Hinweisen und eines mysteriösen Weisen in der Wildnis ausfindig machen. Mit den gefundenen Segmenten der Destiny Wand und mithilfe eines im Laufe des Spiels beförderten Erzmagiers aus der Heldentruppe, muss die Destiny Wand im Tempel von Narn inmitten der Wildnis wiederhergestellt werden. Durch die Wiederherstellung der Destiny Wand wird der Erzmagier dann zum Destiny Knight , um Lagoth Zanta im finalen Kampf zu besiegen.



Unser Protagonist, der Barde

Das Abenteuer startet in der Stadt Tangramayne in der Adventure Guild, der Gilde der Abenteurer, wo die Heldentruppe aus den sieben Rassen des Landes, den Menschen, Elfen, Halb-Elfen, Hobbits, Zwergen, Gnomen und den Halb-Orks erstellt werden kann. Die Rassen unterscheiden sich durch verschiedene Charakterwerte wie Stärke, Geschick, Konstitution, Glück und Intelligenz. Die Werte reichen dort von mindestens 3 und höchstens 18. Stärke ist für den Schaden im Nahkampf zuständig, Konstitution erhöht die Hit Points der Helden, Geschick bestimmt die Schnelligkeit im Kampf und verringert die Rüstungsklasse, Glück erhöht die Magieresistenz und den Schutz vor Fallen und Intelligenz bestimmt die Höhe der Zauberpunkte für die zaubernden Klassen. Zu Beginn stehen acht Klassen zu Verfügung: der edle Paladin, der mächtige Krieger, der gerissene Gauner, der musikalische Barden, der tödliche Jäger, der waffenlose Mönch, der unterstützende Beschwörer und der manipulierende Magier. Dazu kommen im Laufe des Spiels noch der trickreiche Hexer, der zerstörerische Zauberer und der allmächtige Erzmagier. Die Zauberklassen können nach Erhalt der dritten Zauberstufe der jeweiligen Zauberklasse durch eine Beförderung erreicht werden. Die Klassen haben alle verschiedene Fähigkeiten: der Paladin hat eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber böser Magie, den Krieger stehen mehrere Angriffe pro Runde zu Verfügung, der Gauner kann sich im Schatten verstecken und effektiver Fallen finden und entschärfen, der Barde kann magischen Lieder singen, die die Gruppe in und außerhalb des Kampfes unterstützt (allerdings kann er nur so viele Lieder spielen, wie er Stufen hat, wenn der Barde alle Lieder gespielt hat, muss er die nächste Kneipe aufsuchen und erst mal seine Stimme ölen), der Jäger hat eine Chance, jeden Feind mit einem Schlag zu töten, der Mönch erhält jede Stufe eine verringerte Rüstungsklasse und erhöhten Schaden im waffenlosen Kampf (so das der Mönch in höheren Stufen mehr Schaden macht als alle anderen Nahkampfklassen) und die zaubernden Klassen erhalten ihrer Zauberklasse entsprechend Zauberformeln.

 

Alternativ können auch die Helden aus The Bard´s Tale I importiert werden, was den Vorteil bringt, dass die Helden mit einem erhöhtem Level und entsprechend guter Ausstattung beginnen. Frisch erstellte Helden gehen in Tangramayne erstmal ins drei Ebenen umfassende Starterdungeon, nach Abschluss des Starterdungeons erhalten die Helden so viel Erfahrungspunkte, um sofort auf Stufe 13 aufzusteigen. Die Beförderung findet wie im ersten Teil im Review Board statt. Dort erhalten die Helden zufällige Charakterwerterhöhungen und die Zauberklassen neue Zauber und die Beförderung zu der nächst höheren Zauberklasse.

 

Die Erkundung der Welt gliedert sich im bereisen der Städte, der Wildnis und der Dungeons, bewegt wird sich immer Schrittweise. Gegner sind im Spiel nicht sichtbar und greifen die Truppe zufallsbedingt an. Der Kampf findet dann Rundenweise statt, die Party kann kämpfen, vorrücken bei weiter entfernten Gegnern oder fliehen. Wenn kämpfen gewählt wurde, kann für jeden Charakter ein Befehl wie Kämpfen, Verteidigen, Gegenstand benutzen, eigenes Partymitglied angreifen (!) oder einen Zauber aussprechen. Der Angriff auf ein Partymitglied hat einfach den Hintergrund, dass es im Spiel Doppelgängermonster gibt, die in die Party springen und dort die Mitglieder angreifen, außerdem können beschworene oder sich der Party freiwillig anschließende Monster aggressiv werden, die dann mit diesen Befehl angegriffen werden können. Zusätzlich haben die Gauner noch die Möglichkeit, sich im Schatten zu verstecken, was sie erstens dem Feind gegenüber unsichtbar macht und zweitens bei einem Angriff auf dem Feind einem Schadensbonus gewährt. Die Barden können ein Lied singen, welches nur für den Kampf seine magische Wirkung entfaltet. Wenn alle Gegner besiegt wurden, enthält die Gruppe Erfahrungspunkte, Gold und mit etwas Glück einen Gegenstand oder gar eine Schatztruhe. Die Schatztruhen sind im Spiel mit verschiedenen Fallen wie Gaswolken, Pfeile oder Blitzzauber gesichert. Im Gegensatz zu anderen Spielen können hier allerdings alle Charaktere nach Fallen suchen und gefundene Fallen sogar entschärfen. Doch der Gauner ist in dieser Disziplin einfach von Haus aus besser und hat eine erhöhte Erfolgschance. Wurde die Falle identifiziert, kann man mit Eingabe des Fallennamens die Falle entschärfen, alle Charaktere haben allerdings nur eine Chance, die Falle zu finden. Wenn die Falle nicht gefunden wurde, hat man immer noch mit den Beschwörer- Zauber „Trap Zap“ die Möglichkeit, die Falle magisch zu entschärfen.

 

Die Dungeons stellen mit ihren Fallen und Rätseln eine besondere Herausforderung dar. So gibt es Gebiete, in denen man kein Licht machen kann, was ohne eine Karte im Spiel die Orientierung sehr erschwert. Weiter gibt es Felder, die der Gruppe die Lebens-und Zauberenergie entzieht und magische Münder, die Hinweise geben oder gar ein Rätsel stellen. Herausfordernd sind auch die Gebiete, wo man keine Zauber oder Bardenlieder verwenden kann. Geheimtüren, Teleporter und Drehfelder (sogenannte Spinner) runden das Repertoire an Nettigkeiten ab. Am Ende jedes Dungeons nach dem Starter Verlies in Tangramayne kommt das Gebiet (im Spiel Snare of Death genannt, was so viel wie Todesfalle bedeutet), wo das Segment der Destiny Wand versteckt ist. In diesem Gebiet muss die Party eine bestimmt Aufgabe in einer bestimmten Zeit erfüllen, um das Segment zu bekommen, einmal im Snare of Death kann die Party erst nach Erhalt des Segments das Gebiet wieder verlassen. So muss die Party im ersten Dungeon „The Tombs“ einen Toxic Giant töten, der die Party komplett vergiftet, aber nach dem Kampf eine besondere Fackel hinterlässt. Mit dieser Fackel und einem rekrutierten alten Krieger kann die Party den Raum mit dem Segment öffnen und der Todesfalle entkommen.



Die Magic Mouths geben Rätsel auf

Die Welt wird im klassischer Dungeoncrawlersicht in 3D Fenster dargestellt, links oben befindet sich das Sichtfenster der Welt, rechts daneben das Informationsfenster und darunter tabellarisch die Partyzusammensetzung. Die Monster, Charaktere und auch das Dungeon Interieur wie magische Münder sind herrlich animiert dargestellt. So tropft das Blut vom Schwert unseres Kriegers, während die gegnerischen Druiden einen Blitz loslassen, der sich klasse animiert vom Arm bis zu den Fingerspitzen windend uns entgegen schleudert. Das Spiel hat keine automatisch ablaufenden Musikstücke (Ausnahme bildet da nur die Adventure Guild) , vielmehr ist der Barde mit seinen Liedern für die musikalische Unterhaltung zuständig. Vom optimistisch flotten Archers Tune, über das schwermütig, schleppende Sanctuary Score bis hin zur der partytauglichen Watchwood Melody finden sich für alle Begebenheiten im Spiel die passenden Musikuntermalung, Soundeffekte gibt es allerdings keine im Spiel.



Im Kampf gegen Dämonen spielt unser Barde ein Lied

Mein Fazit:

Tja, was soll ich schon als Fazit über ein Spiel, was mein Leben als Sammler und Spieler von klassischen und modernen Rollenspiele so geprägt hat, schreiben? Das es mich heute noch wahnsinnig macht, wenn ich mich mitten in einem Dungeon in einem Gebiet voll Dunkelheit wiederfinde, wo ich mich im wahrsten Worte vorantasten muss? Oder wenn ich im Kampf auf einem feindlichen Beschwörer treffe, der jede Runde munter neue Feinde aus der Entfernung beschwor, die mich immer wieder festnagelten? Das zusammen mit den knackigen Rätseln in den Dungeons (Stichwort Double Doors im Starter Dungeon, ich hatte damals schon drei Segmente der Destiny Wand, bis ich dieses dumme Anfängerrätsel endlich lösen konnte!) machten das Spiel ganz sicher zu einer der schwersten Rollenspiele seiner Zeit, aber die Faszination des Erkundens, des Auflevelns meiner Party, des Findens von immer besseren Ausrüstungsgegenständen und nicht zuletzt die herrlichen Animationsgrafiken, die mich bis heute begeistern, machen dieses Rollenspiel zu einen meiner liebsten Spiele überhaupt. Wie die beiden anderen, großartigen Teile der Bard´s Tale Trilogie ist auch dieser Teil jeden ambitionierten Rollenspieler ans Herz gelegt. Oder kurzgesagt: schwer zu meistern, großartig unterhaltend und äußerst suchterregend.



Erkundungen im Dungeon
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© Mathias Haaf