Die Götter waren nicht zufrieden mit der Menschheit. In den alten Mythen heißt es, drei Götter erschufen die Welt, sie erschufen die Menschen und gaben der Menschheit einem Pfad der Entwicklung, denen sie folgen konnten. Der Gott des Intellekts sprach einst zu Lord Borel, Erbe eines mächtigen Königreichs der Menschheit, dass die Menschen weiterhin in kalten Steinhallen lebten, anstatt zu den Sternen zu reisen. Borel widersprach und entzog den Drei den Anspruch, die Schöpfer der Menschen zu sein. Aufgestiegen aus den tosenden, sturmgepeitschten Ozean wären die Menschen, so sprach Borel mit aller Zuversicht. Doch der riesenhafte Gott entgegnete, dass die Menschheit ihren Wert noch beweisen müsste, oder die Drei würden die Menschen vergehen lassen und eine neue Welt würde sich erheben. Ein Krieg folgte und Lord Borel führte die 20 Nationen gegen die Götter. Zusammen mit dem göttlichen Schwert „Kriegsbringer“ kämpfte er selbst gegen den Gott der Magie und schließlich gegen den Gott des Krieges. Doch selbst die blitzumwobene Klinge in seiner Hand konnte die Götter nicht aufhalten. Niedergestreckt vom Gott des Krieges, erwachte Lord Borel einige Tage später aus seiner Ohnmacht und fand sich inmitten von dutzenden gefallener Krieger der 20. Das Tal, indem sie kämpften, einst bekannt für seine grünen Wälder und klaren Flüsse, war nun ein schwarzes, sturmumtostes Ödland. Und in seiner Mitte erhob sich nun ein mächtiger, dunkler Turm, gezeichnet von den Antlitzen der drei Göttlichen, mit einer Spitze, die in den düsteren Himmel selbst reichte. Und von da an erreichte die Menschen eine körperlose Stimme, die nach den Streitern der Menschheit rief: Sie sollten den Wert der Menschheit beweisen, indem sie den Turm der Drei bestiegen und sich seinen Gefahren und Rätseln stellten. 300 Jahre Zeit hatte die Menschheit für diese schier unmögliche Aufgabe. Und es war Borel selbst, der als erstes sich ihrer annahm…und scheiterte. Weder der Lord noch „Kriegsbringer“ wurden je wiedergesehen, nachdem sie den düsteren Turm betraten. Jahrhundert um Jahrhundert vergingen, genauso wie die Streiter, die sich dem Turm stellten, doch niemand konnte die Herausforderung der Drei Götter bestehen. Und so ist es nun im letzten Jahrhundert nach Ablauf der geraunten Herausforderung, dass ein neuer Held oder Heldin sich den Prüfungen des düsteren Turms stellen muss, um zu verhindern, dass die Menschheit in Feuer und Sturm untergehen würde.
Doch bevor es in den düsteren Turm gehen kann, erschaffen wir einen Helden oder Heldin, entweder im Schnellverfahren oder indem wir Fragen zum Hintergrund des Heroen beantworten. Der Fragenbogen ist grafisch herrlich, wie ein mittelalterlichen Buch, mit einem grafischen Initial im jeden Absatz, gestaltet worden. Die Hintergrundgeschichte beginnt mit der Geburt des Helden oder der Heldin, die erste Wahl, die wir vornehmen, ist also die Wahl des Geschlechts. Danach erzählt die Geschichte uns, wie der Held aufwächst und ein Talent für die Magie entwickelt, zum Anfang stehen zur Wahl die Heilmagie oder die Hexerei. Nach der Wahl fährt die Geschichte fort und beschreibt den Pfad des jungen Helden bis zum Eintritt in den dunklen Turm. Kurz bevor wir aber das Spiel beginnen, lässt uns DarkSpyre auch noch die Wahl, ob wir die Attribute automatisch, komplett selbst oder passend zur Wahl in der Hintergrundgeschichte mit schon vergebenen Punkten in allen Attributen, bei der wir aber noch Punkte überhaben und damit den Feinschliff zu machen, vergeben möchten. Die Attribute Stärke, Ausdauer, Agilität, Genauigkeit, Talent und Macht machen den Helden aus, wobei Stärke den Schaden von Nahkampfwaffen, die Höhe der Trefferpunkte des Heroen, zusammen mit der Ausdauer, zu Beginn des Spiels und das zulässige Gesamtgewicht, welche der Held tragen kann, bestimmt. Die Ausdauer bestimmt, wie lange der Held kämpfen oder schwere Objekte verschieben kann, ohne zu ermüden. Ermüdete Helden bewegen sich langsamer und greifen auch langsamer an, so dass man im Kampf gezwungen ist, ab und zu zwischen den Hieben und Stichen eine kurze Pause zu machen. Agilität misst, wie genau der Held mit einer Fernkampfwaffe treffen kann. Talent ist die Gabe, magische Zauber zu lernen und zu verstehen und Macht erhöht die Stärke und Wirkdauer von Zaubersprüchen.
Sind alle Attribute verteilt, erscheint die Spielfigur des Helden im Eingangsbereich des unheilvollen Turms. Das Spiel wird aus der Vogelperspektive in VGA dargestellt, die Figur steuert sich mit Maus und Tastatur in Echtzeit. Am unterem Bildschirmrand befindet sich das Inventar und die Statistikseite des Helden. Objekte auf dem Boden wie Waffen, Rüstungen und Tränke können mit einem Mausklick aufgenommen und dann der links dargestellten Spielfigur wie bei einer Puppe angezogen werden, die benutzbaren Gegenstände können dann in der jeweiligen Hand mit einem Befehl verwendet werden. Bei ausgerüsteten Waffen gibt es je nach Waffentyp unterschiedliche Angriffsarten, so können Speere geworfen werden oder im Nahkampf zum Zustechen verwendet werden, Schusswaffen wie Armbrüste müssen Bolzen bereit haben, damit man mit ihnen schießen kann. Gegenstände, die man für Rätsel benötigt wie etwa einen Schlüssel, müssen mit der Maus aufgenommen werden und dann auf das jeweilige Schlüsselloch im Spiel geklickt werden, damit sich eine Tür öffnet. Magische Zauber werden in einem Zauberbuch gesammelt, zum Zaubern wird das Zauberbuch ausgerüstet und der jeweilige Zauber im Menü ausgewählt. Der vorbereitete Zauber erscheint dann als Befehl im Statusfenster und kann auf einen Fiesling abgefeuert werden, das verbraucht den vorbereiteten Zauber, zusammen mit einigen Zauberpunkten. Interessant ist in DarkSpyre das magische Heilungssystem: Um den Helden zu heilen, muss erst eine leere Trankflasche in eine Hand genommen werden. Mit dem Heilzauber Verflüssigen wird dann ein Heiltrank erzeugt, den der Held gleich trinken kann. Außerdem können mit diesem Zauber auch Edelsteine verflüssigt werden, so entstehen aus einer leeren Flasche und einem Smaragd beispielsweise ein Gegengifttrank. Das Fortschrittsystem des Helden ist hier auf die Anwendung der jeweiligen Waffe bzw. Magie gekoppelt: So kann ein Streiter der Menschheit anfangs nur etwas mit dem Schwert umgehen, 10 Schleime, Geister und weitere Unholde später wird aus ihm aber schon ein passabler Kämpfer, der auch gleich besser seine Feinde trifft und ihnen mehr Schaden zufügen kann. Beim Zaubern ist es ähnlich, die Stärke der Zauber steigt mit wachsender Erfahrung in der jeweiligen magischen Disziplin, außerdem sinkt für erfahrene Zauberwirker auch der Manaverbrauch beim Zaubern. Gegner bewegen sich genau wie der Held in Echtzeit und greifen an, wenn sie den Streiter bemerken. Leider ist das Kampfsystem sehr ungenau und schwammig, eigene Angriffe müssen sehr genau auf die Bewegung des Feindes angepasst werden, außerdem ist die Reichweite selbst großer Waffen wie Zweihänder oder Speere derart gering, so dass ein Treffer oft ein reiner Glücksfall wird. Dazu kommt noch ein nicht freies Speichersystem, bei der man eine verbrauchbare Rune verwenden muss, die es standardmäßig nur einmal pro Turmebene zu finden gibt.
Doch was macht jetzt DarkSpyre zu einem großartigem DOS Rollenspiel, werdet ihr euch fragen? Ganz einfach, die Atmosphäre des Spiels, auf die ich noch gar nicht eingegangen bin, zumindest nicht in Gänze. Das Spiel startet mit einem der besten Intros aller Zeiten: Erst gibt es kurze Texteinblendungen, die kurz die Herausforderung der Götter erklärt, gefolgt von einem schwarzem Bildschirm, bei dem zwischen den hellen Blitzschlägen ein schwarzes Tal, übersät mit Knochen gezeigt wird, an dem am Ende der düstere Turm selbst, der Dark Spyre, emporragt. Alles zusammen wird mit einem tollen, treibenden Soundtrack untermalt, der die Ernsthaftigkeit des Spiels perfekt unterstreicht. Über die großartige Heldenerstellung im mittelalterlichen Buch Stil habe ich ja bereits eingangs gesprochen, aber nicht über die Vorgeschichte von Lord Borel in seinem ersten Kampf gegen die Drei Götter. Denn diese wird im wunderschön gestaltetem Handbuch auf 15 Seiten packend erzählt, inklusive Konzeptzeichnungen der Götter selbst und weiterer relevanter Charaktere wie der Hexe Chesschantra, die in der Geschichte anscheinend erst Borel hintergeht und ihm dann aber im Kampf gegen den Gott der Magie beizustehen. Im Spiel selbst geben animierte Totenköpfe Hinweise zu den Rätseln und der äußere Rand der sichtbaren Spielwelt sieht aus, als wären wir mitten im Weltraum, oder besser, im schwarzen Himmel. Das Frontcover der Spielebox ist ebenfalls exzellent gestaltet worden: Entgegen der dunklen Erzählung des Spiels, ist es tatsächlich aber weiß, in seiner Mitte wird der Turm als drei Säulen mit einer langem Spitze dargestellt, jede Säule zeigt eine Gestalt in schwarzer Robe und bleichem Gesicht, welche die Drei Götter darstellen sollen. Diese Diskrepanz der Kunst im Spiel und auf der Spieleverpackung hat mich stehts begeistert, so dass auch das Coverbild zu meinem absoluten Lieblingskunstwerken in der Welt der DOS-Rollenspiele zählt.