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     The Bard's Tale III:           Thief of Fate Review

Fehlen nur noch die Marshmallows: Lagerfeuerromantik im Titelscreen

Tarjan the Mad God schritt mit einem diabolischen Lächeln auf den Lippen durch das Westtor von Skara Brae. Er wendete sich auf der Night Archer Street gen Norden, betrachtete die zerstörten Ställe der Stadt  zu seiner rechten und bog auf die Divilish Street ab. Als Tarjan die nächste Biegung erreichte, sah er als erstes die ehrfurchtserregende Statue von ihm selbst, welche nun anstelle des heiligen Kreuzes auf dem Gran Plaz, dem urbanen wie auch spirituellen Zentrum der Stadt, in der Mitte stand. Er betrachtete voller Genugtuung die zerstörten Tempel der guten Götter um sich herum, sein Tempel wiederrum erstrahlte mit seinem goldenen Säulen und der marmornen Treppe wie am ersten Tag. Mit einem zufriedenen Nicken ging der Mad God in Richtung Westen, auf der Trumpet Street weiter, doch als er auf der Höhe des Review Board ankam, hatte er, obwohl das Gebäude fast bis auf die Grundmauern abgerissen wurde, das Gefühl, als würde sich in der Ruine noch jemand verbergen. Wahrscheinlich waren es überlebende Bürger der Stadt, welche sich in den Ruinen der Stadt verbargen. Solche, welche nun wie Schädlinge lebende, ehemaligen Bewohner waren sicherlich nicht seiner Aufmerksamkeit wert. Sein Kommandant Brilhasti würde diese Reste der alten Stadtbevölkerung noch schnell genug beseitigen. So ging er weiter auf der Blacksmith Street und bog kurz danach auf die Main Street ein, denn dort lag sein eigentliches Ziel: die zerstörte Adventure’s Guild. Er verlangsamte seine Schritte, als er die zerbrochenen Giebel der Gilde in der Ferne sehen konnte, denn diesen Anblick wollte er so lange wie möglich genießen. Als Tarjan dann vor der Ruine der Adventure’s Guild stand, weiteten sich seine Augen vor Freude über die Zerstörung der ehemaligen Machtzentrale seiner Feinde. Endlich lag sie in Trümmern, dieser Stachel in seinem Fleisch, welcher mehr als lange genug seinem Aufstieg zur Göttlichkeit verhinderte. Nach diesem Augenblick des Triumphs kehrte Tarjan zurück in das Dämonenreich Malefia, um Pläne für die Eroberung der anderen Reiche zu schmieden.

Kein schönes Wiedersehen: Skara Brae hatte schon bessere Tage gesehen

Im letzten Teil der klassischen The Bard’s Tale Reihe steht zu Beginn entweder die Übernahme der erfolgreichen Helden aus dem Vorgänger oder die Erstellung von neuen Heroen an. Da allerdings die Adventure’s Guild und Skara Brae zerstört wurden, beginnt das Abenteuer in der Wildnis, genauer gesagt, im Adventure’s Camp, dort, wohin sich die meisten überlebenden Bürger der Stadt geflüchtet haben. Das Charaktersystem wurde nahezu 1:1 von den Vorgängern, welches sich nahe an dem Pen and Paper Klassiker Dungeons and Dragons orientiert, übernommen. Einer der Neuerungen ist nun die genaue Anzeige des Spezialfähigkeiten der Charaktere, also zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit in Prozent für einen erfolgreichen kritischen Treffer beim Hunter oder die Chance des Rogues, erfolgreich in den Schatten zu verschwinden. Überhaupt wurde der Rogue, welcher in den Vorgängern wegen seines sehr eingeschränkten Nutzens meist vernachlässigt wurde, im dritten Teil stark aufgewertet, denn ab sofort können alle Angriffe aus dem Schatten heraus sofort tödlich sein und er oder sie kann als einziger versuchen, gefundene, unidentifizierte Gegenstände zu bestimmen. Diese Spezialfähigkeiten erhöhen sich dann mit jedem Stufenaufstieg. Ebenfalls neu ist bei der Charaktererstellung die Möglichkeit, einen weiblichen Charakter nebst passender Animationsgrafik zur erstellen, was spielerisch aber keine Auswirkungen hat. Außerdem wurden noch zwei neue Zaubererklassen hinzugefügt: den Chronomancer, welcher ein Meister der Dimensionsreise ist und damit unerlässlich ist, die anderen Reiche zu erreichen und den Geomancer, welcher eine interessante Weiterbildung einer kämpfenden Klasse wie dem Warrior oder dem Paladin ist. Dieser Geomancer gibt seine Fähigkeit auf, mehrfach in einem Kampf angreifen zu können, auf, um die elementare Magie zu erlernen, welche ihm zum Beispiel ermöglicht, gewaltige Magmabälle auf seine Feinde zu schleudern oder gar ein Erdbeben unter den Füßen der Schergen Tarjans zu erschaffen. Tatsächlich wird der Geomancer zum Spielende hin sogar fast noch mächtiger als ein voll ausgebildeter Chronomancer, denn nur seine geringe Anzahl an Spellpoints verhindert dann doch seinen Aufstieg zum Zauberolymp. Die Zauberer der Gruppe können sich außerdem noch über drei neue Zaubersprüche freuen, welche sie im Spielverlauf lernen können: Gilles Gill ermöglicht der Party das Atmen unter Wasser, was auch gleich im zweiten Reich, Arboria, notwendig ist, während Divine Intervention und Gotterdamurung (ja, heißt wirklich so, auf Deutsch wäre es wohl „Götterdämmerung“ gewesen J ) für den Kampf gemacht worden sind. Divine Intervention erhöht die Kampfkraft der Gruppe, während es gleichzeitig die Partymitglieder komplett heilt und alle Gegner mit einem starken Angriffszauber attackiert, während Gotterdamurung eine gewaltige, magische Explosion erzeugt, welche an allen Feinden massiven Schaden verursacht (passenderweise lautet der Zaubercode, also die Kurzeingabe über das Keyboard, des Spruchs auch „NUKE“)

Wawa ist besonders gut: Des Geomancers Grimoire

Spielerisch hat sich selbst nur wenig geändert, wieder erforscht die Heldentruppe Skara Brae und die Reiche, schrittweise und um 90° drehend, im kleinen Sichtfenster im linken oberen Bildschirm. Neu ist hier die Einführung einer Automap, welche sich sicherlich wohl auch viele Veteranen wie auch Neuspieler der Reihe, inklusive mir selbst, sehnlichst gewünscht haben. Die Automap zeichnet allerdings nur die Umrisse der Umgebung auf, besondere Orte wie der Mad God Temple oder in der Wildnis die Kneipe werden nicht extra eingezeichnet. Was allerdings nicht weiter schlimm ist, denn die Umgebung und der Standort der Party wird detailgenau auf der Karte wiedergegeben, so dass eine doch recht regelmäßige Verirrung wie in den Vorgängern jetzt fast ausgeschlossen ist. Der Umfang an zu erforschenden Ruinen, Türmen oder Abwasserkanäle hat im Vergleich zum Vorgänger auch noch mal kräftig zugenommen, nicht weniger als 84 Verlieskarten gilt es in Rogue of Fate  zu erkunden.

Minimalistisch, aber erschreckend effektiv: Die neue Automap sorgt für Entwirrungen

Die sieben Reiche, welche die Party im Rahmen ihrer dortigen Queste bereisen müssen, haben allesamt ein eigenes Thema und ihre eigenen Herausforderungen. So muss die Party bereits im zweiten Reich Arboria in einem tiefen Teich tauchen (nur möglich mit den oben bereits erwähnten Wasseratmungszauber Gilles Gill), um dort für den herrschenden König einen bestimmten Gegenstand zu finden. Im dritten Reich Gelidia muss die Heldentruppe eisige Kälte ertragen, und sich in diesem kalten Land von einer warmen Hütte zur nächsten zu kämpfen, um dann schlussendlich in einem Schloss ganz aus Eis ihr Ziel zu erreichen. Das Gnomenreich Lucecia hingegen, wird von einem mächtigen Regenbogendrachen beherrscht, welcher die Party gewitzt durch ein Labyrinth aus Bergpässen treibt. Im vierten Reich Kinestia erschuf der Zwergenschmied Ferrofists einen mächtigen Golem namens Urmech, welcher außer Kontrolle geriet und nun von den Helden ausgeschaltet werden muss. Doch in der Domäne von Urmech angekommen, muss die Party feststellen, dass der Golem ein friedliches und sogar poetisches Wesen ist, welches nur leben will. Falls die Gruppe Urmech verschont, teilt er mit ihnen das Wissen um die Macht des Geomancers, welches ein Kämpfer der Party nun erlernen kann. Das düstere Reich Tenebrosia, welches die Party als nächstes erforschen muss, wird von Sceadu beherrscht. Eigentlich ein Held des Guten, ist Sceadu aber durch den Angriff von Tarjan zu einem düsteren und paranoiden Herrscher geworden, so dass die Party viele Rätsel, Geheimtüren und Irreführungen erdulden müssen, bevor sie ihm schlussendlich gegenüberstehen. Doch verdorben durch die Macht des Mad God, bleibt der Party nichts anderes übrig, dem einstigen Helden des Guten zu töten um seine magischen Gegenstände für den Kampf gegen seinen neuen Herrn zu erringen. Das sechste Reich Tarmitia wiederum, ist eine seltsame Kopie von unserer eigenen Welt, zur Zeit des zweiten Weltkriegs. So reisen die Helden nach Berlin, um dort gegen Nazis zu kämpfen, um dann über Rom und Stalingrad letztendlich in Tarmatia den Kriegsgott Wera im Kampf zu besiegen. Ihre letzte Aufgabe führt die Gefährten schlussendlich in das Dämonenreich Malefia, um nach vielen Kämpfen und wahnsinnig komplexen Dungeons den Herrn des Bösen, Tarjan, selbst im Kampf zu stellen…und hoffentlich hat die Party auch daran gedacht für diesen finalen Showdown einen Rogue mitzunehmen…

"Sein oder nicht Sein, das ist hier (tatsächlich) die Frage...": Tin Man aka Urmech hat es auch nicht leicht

Mein Fazit:

Thief of Fate ist ein wahnsinnig komplexes, umfangreiches und auch abwechslungsreiches Serienfinale für diese altehrwürdige Rollenspielreihe. Die verschiedenen Reiche, alle mit einem eigenen Thema und einer besonderen Quest, bringen sehr viel Abwechslung in der doch seit dem ersten Teil fast gleichgebliebene Gameplaymechaniken. Die Erweiterung um die zwei neuen Zauberklassen und die starke Aufwertung des Rogues (welcher ja in den Vorgängertitel tatsächlich wegen seines sehr eingeschränkten Nutzen ein eher unwichtiges Mitglied in der Party war) und die Implementation einer Automap bringen hier ganz neue Aspekte in den Heldenalltag. Das alles zusammen macht den dritten Teil der Saga zu einem mehr als würdigen Abschluss der Reihe und ein Pflichtprogramm für jeden Computerrollenspieler.

Na, gut, dann neben wir eben den Bulldozer... Die Party lässt sich dieses Mal nichts von den Magic Mouths sagen
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© Mathias Haaf