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          Curse of the                Azure Bonds Review

Back in Blue: Der Nachfolger von Pool of Radiance

Sie lagen auf der Lauer. Die unwahrscheinlichste Gruppe von berüchtigten Assassinen, dunklen Zauberern, verrückten Kultisten, finsteren Klerikern und Agenten einer bösen Stadt warteten gemeinsam auf die Helden von Phlan. Niemals in ihrer finsteren Geschichte haben sie je zusammengearbeitet, oft waren sie sogar verfeindet, doch ihr neuer Anführer sorgte für Gehorsam, denn er war weitaus mächtiger als alle ihre Anführer zusammen. Warum sie die Helden überfallen sollten, wussten sie nicht genau, und der Befehl lautete sogar, sie nicht zu töten, was alleine schon seltsam war. Einer der Kleriker des finsteren Gottes Bane meinte, dass die Helden ein „passendes Geschenk“ ihres Anführers erhalten werden, aber was das genau sein sollte, wusste er nicht. Und wenn die Gerüchte stimmten, war niemand anderes als der berüchtigte Tyranthraxus dieser neue Anführer und damit die mysteriöse Entität, welche im letzten Jahr die Stadt Phlan mit Legionen von Monstern flutete. Und es waren genau diese Helden, welche ihm nach einem langem Kampf Einhalt geboten. Doch es gab keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn auf der alten Straße zwischen Phlan und Tilverton näherten sich die besagten Helden. Zauber der Unsichtbarkeit und ein düsterer Segen wurden auf die Armbrustschützen gezaubert, damit ihre mit Schlafgift versehenden Bolzen ihr Ziel nicht verfehlen würden. Und nur einen Augenblick später erklang das mechanische Surren der Armbrüste, sie hatten ihr Ziel gefunden…

Wieder quadratisch unterwegs: Unsere Helden als Viereck auf Reisen

Curse of the Azure Bonds erschien 1989 als direkter Nachfolger von Pool of Radiance und war damit der zweite von vier Teilen der ursprünglichen Gold Box Serie. Die Strategiespezialisten von SSI waren auch wieder als verantwortliches Studio für die Entwicklung des Titels zuständig. Damit war es auch möglich, dass man die siegreichen Helden aus Pool of Radiance übernehmen konnte, um gleich zu Beginn einen nicht zu unterschätzenden Startbonus in Form von erfahrenen Helden zu erhalten. Dieser war auch dringend nötig, denn genauso wie der Vorgänger war wieder der Schwierigkeitsgrad mehr als gesalzen. Dafür sorgte schon das Auswürfeln von Angriff, Verteidigung und der Rettungswürfe im Hintergrund durch den Computer. Damit konnten selbst sicher geglaubte Angriffe noch daneben gehen und selbst kleine Goblins konnten zur Gefahr werden, falls das Würfelglück auf ihrer Seite sein sollte.

Priesterliches Datenblatt: Die Heilerin der Gruppe in Zahlen

Aber falls man sich nicht durch den beinharten Vorgänger durchgekämpft hatte, stand hier erst die Charaktererstellung vor dem Würfelpech. Zur Wahl stehen neben den alltäglichen Menschen noch die Zwerge, Elfen, Halb-Elfen, Halblinge und Gnome als Rasse zur Verfügung. Dungeons and Dragons typischen haben alle Rassen, mit Ausnahme der normalen Menschen, verschiedene Attributsboni und Mali: So ist der Elf von Haus aus sehr geschickt, aber aufgrund seines schmalen Körperbaus längst nicht so stark und ausdauernd wie ein Zwerg. Demnach sollte der Zwerg die Rolle des Kämpfers in schwerer Rüstung in vorderster Front übernehmen, während zaubernde und bogenschießende Elfen lieber in der Rolle des Magiers oder Waldläufer ihre Pflicht tun. Und ja, endlich gibt es den Waldläufer als neue spielbarer Klasse in Curse of the Azure Bonds, im Vorgänger waren die Waldläufer wohl im Wald verschollen und damit nicht spielbar. Doch noch viel wichtiger ist der Einzug des heiligen Kriegers und damit meiner Lieblingsklasse in allen Rollenspielen: Der Paladin. Endlich kann man Untote und von Grund auf böse Gegner gebührend mit heiliger Macht im Schwertkampf gegenüberstehen, ein Zustand, den ich in Pools of Radiance echt sträflich vermisst hatte. Ebenso sind natürlich die klassischen Klassen des Klerikers und Diebes auch wieder mit dabei.

Kein Gedächnis wie ein Sieb: Unser Magier ist stets zauberbereit

Hat man seine Heldentruppe mit Hilfe des komplexen Editors nebst Spielfigurerstellers zusammengestellt, geht es in Tilverton mit einem starken Kater für die Helden los. Ärgerlicherweise haben die Schurken ihnen alle magischen Ausrüstungsgegenstände und Waffen gestohlen und ihnen dazu noch seltsame, blaue Tattoos auf ihren Armen hinterlassen. Praktischerweise sind aber alle Wunden verarztet worden und einen Sack mit Silbermünzen finden die Helden auch noch in ihrem Zimmer im Gasthof. Nur wie sie da hingekommen sind, konnte selbst der Wirt nicht beantworten. Mit den Silber in der Tasche rüsten sich die Helden im örtlichen Ausrüstungsladen notdürftig aus und begeben sich dann auf die Suche nach dem Tattookünstler.

The man himself: Tyranthraxus gibt sich im Finale die Ehre

Curse of the Azure Bonds steuert sich wie sein Vorgänger mit den Cursortasten durch die 3D Welt der Forgotten Realms. Dabei werden die Städte, Dungeons, Höhlen und andere Finsterbauten aus der First Person Sicht gezeigt. Wechselt die Gruppe auf die Weltkarte, erscheinen sie als blinkendes, weißes Viereck, um dort von Ort zu Ort zu reisen.

Tatsächlich ein Pool: Der sagenumwobene Pool of Radiance

Treffen sie unterwegs auf feindlich gesinnte Monster und Schurken, können sie erst versuchen, zu fliehen oder bei Begegnungen in Städten, mit der Gegnerschar zu verhandeln. Da selten Untote oder Trolle zum Mittel der Konversation greifen, sondern lieber zur rostigen Waffen und Klauen, kommt es jedoch meistens zum Kampf. Das Spiel schaltet daraufhin auf einem taktischen Bildschirm um, auf dem die Helden und Gegner in der Draufsicht dargestellt werden, sowie das jeweilige Gelände zu Beginn des Aufeinandertreffens. Gezogen wird jetzt reihum und schrittweise, wobei jede Figur eine bestimmte Strecke gehen kann. Schwer gerüstete Paladine sind dabei aber nicht so flink wie berobte Magier und können deswegen nicht allzu weit ziehen. Jede Spielfigur hat dazu noch einen Befehl frei: Sie können angreifen, entweder im Nahkampf, wenn der Feind nebenan steht oder im Fernkampf mit Pfeil und Bogen. Dazu können magische und göttliche Zauberwirker ihre Zauber auf Feind und Freund wirken, wobei die meisten Zauber eine Vorbereitungsrunde benötigen, um abfeuerbereit zu werden. In dieser Vorbereitung sind jedoch alle Zauberwirker, Feind wie Freund, anfällig auf Angriffe mit Schadenswirkung, denn falls sie vor dem Abfeuern des Zaubers Schaden nehmen, verlieren sie ihren Zauber. Wie eingangs erwähnt, werden alle Aktionen ausgewürfelt, so dass sicher geglaubte Angriffe noch scheitern könnten und selbst schwache Gegner am Ende noch gefährlich werden können. Gehen die Helden siegreich aus dem Kampf hervor, winken glänzende Münzen, hoffentlich magische Gegenstände und ein guter Batzen Erfahrungspunkte als Belohnung. Mit zunehmender Erfahrung steigt der Level der Helden und damit auch ihre Chance zu Treffen im Kampf, so dass höherstufige Helden weniger Probleme mit Goblins und Co. haben als niedrigstufige Anfängerhelden. In den Städten gibt es dann passende Trainingshallen, Ausrüstungsläden und Tempel für die verwundeten, eben alles, was die Helden so brauchen in ihrer Queste.

Auf in den Sieg: Der finale Showdown mit den finsteren Schergen

Wie alle Spiele der Goldboxreihe wird auch hier die Geschichte des Spiels mittels des der Spieleverpackung beigelegtem Adventure Journals erzählt. Treffen die Helden im Spiel auf eine besondere Szene in der Geschichte, teilt uns das Spiel mit, dass wir bitte den zugehörigen Eintrag im Journal aufschlagen und lesen sollen, damit wir auch verstehen, was gerade abläuft. Wer jetzt aber glaubt, er oder sie könne einfach vorab die ganze Geschichte im Journal nachlesen, irrt sich: Denn erstens sind alle Einträge nicht richtig im Vorgang der Geschichte nummeriert und außerdem sind auch einige Einträge schlichtweg falsch. Ein besonderes Lob an dieser Stelle geht an den Kopierschutz: Beigelegt ist ein sogenanntes Code Wheel, das ist eine Papierscheibe mit ausgestanzten Löchern und Schriftzeichen, die als Kopierschutz verwendet worden ist. Um das Spiel überhaupt starten zu können, musste erst eine Kombination von zwei Symbolen, welche das elfische Alphabet Espruar und sein zwergisches Gegenstück Dethek darstellen, aufeinander gedreht werden. Auf der Code Scheibe gibt es dann noch drei Pfade, dargestellt gestrichelt, gepunktet und kombiniert aus beiden. Das Spiel zeigt also zur Code Abfrage die beiden Buchstaben und den Pfad an, dazu noch die Nummer des Kastens, welche den Buchstaben in unserem Alphabet anzeigen. Diesen Buchstaben musste man eingeben, damit es überhaupt erst zum Spielvergnügen kommen konnte. Und diese verlorene Kunst der Dateneingabe, gepaart mit den anstrengenden, aber unterhaltsamen Kämpfen und der spannenden, quasi selbst gelesenen Geschichte von Curse of the Azure Bonds machen dieses Spiel zu einem großartigem Rollenspiel.

Ich versteh' nur Elfisch (und Zwergisch): Das Code Wheel lässt uns passieren

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© Mathias Haaf